In den Zeitschriften „analyse & kritik“ sowie „Gegenwind“ erschienen im Frühjahr 2011 jeweils bearbeitete und noch einmal aktualisierte Auszüge aus dem Epilog der zweiten Auflage zu Bolivien. Schattenblick hat den Auszug aus Gegenwind dokumentiert, hier ist der Artikel für ak.
Am 8. Januar 2010 erschien ein Auszug aus dem Abschnitt „Selbstorganisation der Basis“ in der Tageszeitung junge Welt, ein erweitertet Auszug ist bei Amerika21.de nachzulesen:
Die Neue Linke in Lateinamerika wird – zumindest hierzulande – meist von oben betrachtet. Sie besteht nach dieser Lesart aus Chávez, Correa und Morales, den anti-neoliberalen Präsidenten des Kontinents. Das ist aber nur eine Seite. Das entscheidend Neue an der Neuen Linken ist, daß sie auf der Unterstützung der Basis beruht, einer selbstorganisierten und selbsttätigen Basis, die ihr Schicksal nicht mehr passiv hinnehmen will. Diese Basis bildet sich aus Menschen, die über Jahrzehnte unterdrückt wurden und keine wirkliche Stimme hatten – dies gilt insbesondere für die Indigenen – oder die durch paternalistische Gesten von oben und Klientelismus eingelullt worden sind. Deswegen ist es entscheidend, die Bewegung von unten her zu sehen, wie weit sie organisiert ist und wo ihre Grenzen liegen. Denn auf die Menschen und auf ihre Organisation kommt es an. Darauf, daß sie erkennen, daß sie etwas erreichen können und sich die Welt nur dann so weiter dreht wie bisher, wenn sie mitmachen. Wenn sie sich verweigern und versuchen, etwas Neues zu schaffen, kann ein Prozeß der Veränderung in Gang kommen und nachhaltig sein. Sonst nicht.
Spätestens seitdem die Folgen des Neoliberalismus konkret spürbar sind, organisieren die Menschen an der Basis in Lateinamerika nicht nur ihr eigenes Leben. Immer mehr verstehen auch, daß die Organisation in der comunidad nur dann die Situation konkret verbessern kann, wenn sie – von unten aus – das Ganze in den Blick nimmt. Prototypisch geschah dies in Bolivien, wo die MAS, das »politische Instrument für die Souveränität der Völker« aus den sozialen Bewegungen heraus entstand. In Ecuador lief die Bildung der CONAIE ähnlich, und die Basisgruppen in Venezuela zeigten ihre Kraft 2002, verließen beim Putsch gegen Chávez die Barrios, wurden für ihren Präsidenten aktiv und ermöglichten so seine Rückkehr. Nicht zuletzt zeigt die Protektion der früheren bolivianischen Zirkel von oben, wie wichtig der Präsident die Basis seit Beginn seiner Amtszeit nimmt. Das Wort, das die Venezolaner dafür verwenden, ist protagonismo. Es beschreibt die praktische Einbindung der Basis als Protagonisten, also als konkrete historische Subjekte, die zum Prinzip geworden ist. (…)